Schluesselbeinbruch (Claviculafraktur) - Tipps und Links

Bericht - Jan


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Im Folgenden möchte ich einen kurzen Bericht und Informationen, sowie auch eigene Einschätzungen, und Erfahrungen welche während der Behandlungsphase zum Thema „Ärzte“, „Therapie“ und „allgemein Tipps“ gesammelt habe, bereitstellen.



Unfall 07.05.2006

Durch einen Rennradunfall wurde mein Schlüsselbein gebrochen. Bei Aufprall auf dem Asphalt hatte ich noch eine Geschwindigkeit von ca. 40-50km/h. Ich bin direkt mit der Schulter und der gesatmen linken Körperseite eingeschlagen.

Erste Symptome waren eine direkte große Schwellung im Schulter und Brustkorbbereich, unwohles Gefühl und Instabilität des gesamten Arms. Zudem war auch optisch zu erkennen, dass das Schlüsselbein gebrochen war, da eine klare Fehlstellng zu erkennen war, wobei der innere Teil sich deutlich parallel zum Hals/Nacken verschoben hatte und der äussere Teil (beim Schultergelenk) nur als „Bruchstück“ sich noch leicht unter der Haut abzeichnete.




Krankenhauseinlieferung 07.05.2005

Es wurden 2 Röntgenaufnahmen gemacht. Eine für das Schlüsselbein und den gesamten Schulter-/Armapparat, die andere zur Sicherheit im Bereich der Rippen (wg. der Lunge)


Bei einem Unfall dieser Art ist es jedoch häufig der Fall, dass nicht nur das S-Bein bricht, sondern auch eine sogenannte Schultergelenksprengung eintreten kann. Eine solchen Befund kann man allerdings nicht durch eine einfache Röntgenaufnahme erkennen, da sich Muskeln und Bänder nicht in der R-Aufnahme abzeichnen. Um eine verlässliche Diagnose stellen zu können, sollte eine Röntgen-Belastungsaufnahme, auch „Wasserträgeraufnahme“ genannt, durchgeführt werden. Dabei hält der Patient an beiden Armen ein 5-10kg schweres Gewicht. Durch den Zug des Gewichtes am Arm wird auch das Schulterblatt mit dem sog. Acromion (AC, das Verbindungsstück zwischen Schulterdach und Schlüsselbein) abgesenkt. Bei intakten Bändern zwischen dem AC und Schlüsselbein senken sich AC und Schlüsselbein durch die Zugkraft der Gewichte gleich ab. Sind diese Bandverbindungen aber unterbrochen, so bleibt das äußere Schlüsselbeinende stehen, da eine Verbindung durch das AC zum Schulterdach nicht mehr besteht. Dies ist ein Hinweis auf eine Kapselbandverletzung, je nach Grad Tossi I, II oder III.


Eine gute Erklärung der Tossy-Verletzungsgrade mit Grafiken findet man auf der informativen Website von Krankenhaus Bobingen.


Leider wurde in meinem Fall eine solche Belastungsaufnahme aus mir unerklärlichen Gründen nicht gemacht !


Der junge Arzt stellte die Diagnose „Glück im Unglück“ es sei nur das S-Bein gebrochen: Clavikularfraktur, medial. Abstand der Knochenfragmente ca. 3-4 cm. Zur weiteren Therapie merkte er an, dass ER sich an meiner Stelle es überlegen würde, den Bruch operieren zu lassen. Es kämen dann Titanplatten auf den Knochen und die Fraktur würde gerichtet und gleichzeitig stabilisiert. Seine Begründung dafür war, dass Personen in meinem Alter (25) generell einen zu starken Muskelzug hätten, sodass die Knochenfragmente viel zu weit auseinandergezogen würden und sich bei der konservativen Methode (Rucksackverband, Bauernschlinge) gar nicht richtig miteinander verwachsen würden. Die Kallusschicht würde u.U. instabil und sehr verwuchert. Es bestünde dann ein hohes Risiko zu einer Schulterverkürzung, da das S-Bein nicht mehr die gewohnte Form erhalten könnte. Im schlimmsten Fall würde daraus eine dauerhafte Fehlhaltung hervorgerufen.


Da er sich aber nicht sicher war, ob er mir nun wirklich auch als Fachmann zu einer OP raten solle, holte er sich den Rat seiner Oberärztin ein. Diese betrachtete nur kurz die R-Aufnahme und schloss eine OP kategorisch aus. Dies wurde damit begründet, dass es ein klassischer Bruch sei, da medial und so wörtlich „ich noch so jung und fit wäre, dass das schon so funktionieren würde“! Das war der erste Widerspruch in der folgenden wochenlangen Ärztetortur (siehe Aussage junger Arzt, Aussage Oberärztin) Ich vertraute auf die Meinung der Oberärztin – etwas anderes blieb mir zu diesem Zeitpunkt auch gar nicht übrig.


Mir wurde darauf hin ein Rucksackverband angelegt.

Am Folgetag sollte ich nochmals zur Kontrolle und zum Nachziehen des Verbandes in das KH kommen. Dabei erhielt ich durch den behandelnden Facharzt die mittlerweile dritte Ärztemeinung. Der Arzt war extrem kurz angebunden, kontrollieret die Bruchstelle, und befand alles für o.k.. Er straffte den Rucksackverband und riet zum täglichen Nachziehen. Dadurch würde die Schulter nach hinten gezogen, sodass die Knochenfragmente sich einander näher könnten und eine bestmögliche Kallusbildung gewährleistet werden sollte.

Der Rucksackverband hatte bereits zu diesem Zeitpunkt (etwa 12 Std. Tragedauer) blau-schwarze Striemen am Rücken hinterlassen. Meine Achseln waren beide wundgescheuert. Der Tragekomfort ist mit „null“ zu beziffern!



Folgewoche

In den folgenden drei Tagen hatte ich zusätzlich zu den Schulter- und Bruchschmerzen auch noch enorme Schmerzen durch den Rucksackverband. Schlaflose Nächte waren zum Standart geworden. Es war, ohne zu übertreiben, eine extrem qualvolle.

Aufgrund der hohen Trageschmerzen und den gegebenen Umständen, konnte ich den Rucksackverband niemals mit permanent Spannung tragen. Beim Sitzen und wenn möglich auch beim Schlafen versuchte ich Stellungen einzunehmen, welche die Spannung des Verbandes milderten, da die Schmerzen am Rücken und an der Bruchstelle unerträglich waren. Die Folge dieser Entlastung ist jedoch, dass die Schulter und somit die Knochenfragmente weniger Druck ausgesetzt sind, wodurch die Fraktur mehr oder weniger gar nicht bearbeitet bzw. gerichtet und fixiert wird.

Bei vielen Bewegungen knirschten und knackten die Knochenfragmente aneinander. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass diese permanente Bewegung der Fragmente zu einer Heilung und Verwachsung führen könne. Der Rucksackverband wirkte in meinen Augen kontraproduktiv, durch das Tragen waren die äußeren Verletzungen (Wundentwicklung am Rücken, Schulterbereich und Achselregion) in Relation zu der orthopädischen Wirkung negativ.


Da mich mein gesundheitlicher Zustand beunruhigte. Hatte ich am vierten Tag etliche Informationen rund um die Clavikularfraktur im Internet, Sachbüchern etc. eingeholt. Zudem waren meine Zweifel an der Effektivität des Rucksackverbandes in vielen Fällen durch Berichte von ehemalige Patienten bestätigt worden. Auch über die Möglichkeiten der OP in Form eines Drahts oder Nagels (Prevotnagel) als Alternative zu der Verwendung von titanplatten hatte ich Informationen gesammelt.

Mit diesem Wissen suchte ich einen niedergelassenen Unfallchirurg/Orthopäden auf, um mit ihm das Pro und Kontra der einer OP bzw. der weiteren Behandlung zu erörtern.

Er begutachtete die mitgebrachten R-Aufnahmen und sagte, dass es ein völlig normaler Bruch sei, medial und ich zudem ja auch noch jung und fit sei. Daher würde in meinem Fall immer die konservative Methode gewählt werden.

Eine OP sah er als unsinnig und überflüssig an. Er nannte dazu lediglich die Risikofaktoren (Vollnarkose, Entzündungen, etc.). Zu den Vorteilen bzw. den möglichen Nachteilen der konservativen Methode sagte er kein Wort. Als ich ihn als Alternative zu den Titanplatten auf die Prevotnagel-Methode ansprach, war er überfordert. Mir schien es, als hätte er davon noch nie etwas gehört. Er wurde daraufhin unsachlich und polterte, was ich denn überhaupt wolle und er doch alles bereits gesagt habe.

Der Arzt konnte mir argumentativ nicht plausibel erklären, wo die Vorteile der konservativen Methode sind, er hatte keine schlagkräftigen Argumente gegen eine OP, außer der Art von Risiken, die auch auf jeder Medikamentenpackung zu lesen sind. Die wirklichen Risiken der konservativen Methode welche eine lebenslangen Fehlstellung, Instabilität des großen Kallusbereichs und unter Umständen sogar einer Fehlgelenkbildung sein können, da die Knochenenden sich gar nicht treffen und folglich auch nicht zusammen wachsen, sowie auch plastischer Nachteile in Form einer Schulterverkürzung und einem Hochstand im Bereich des Bruchs, wollte oder konnte er zu keiner Zeit begründen oder gar entkräften. Er sprach sie nicht einmal an!


Wie bereits erwähnt, hatte ich mich im Vorfeld bereits intensivst erkundigt. Daher rief ich umgehend nach dem unbefriedigenden Arztbesuch in der Uni-Klinik Köln an. Dort sprach ich mit einem Oberarzt, der mir bereits am Telefon – man mag es nicht glauben - bereitwillig und kompetent Auskunft erteilte. Alle meine Fragen zum operativen Eingriff wurden mir kurz, präzise und vor allem sachlich erläutert. Ich schilderte knapp meinen Befund und nannte den ungefähren Abstand der Fehlstellung Knochenfragmente. Diese lag wie bereits erwähnt bei fast 4cm. Der Oberarzt lachte und sagte, dass wenn ich mich ja bereits informiert habe, ich sicherlich wüsste, dass die konservative Methode völlig falsch wäre und der Rucksackverband genauso als Zitat, „Vogelscheuche genutzt werden könnte“, er also absolut zwecklos sei.

Das Telefont dauerte etwa 5 Minuten, seine Argumente oder besser Beratung war überzeugend und stichfest. Obwohl dieses Telefonat Donnerstags Mittag geführt wurde, setzte er mich, trotz Generalstreik an der Uni-Klinik Köln, bereits für den Folgetag auf die OP-Liste. Es ist zu erwähnen, dass diese Art der OP (Prevotnagel) bei der, der Titannagel durch den Knochenhohlraumgefädelt wird bestmöglich nur bis maximal 9 Tage nach dem Bruch erfolgen kann, da ansonsten die Kallusbildung bereits eingetreten ist. Es war somit bei meiner Entscheidung Eile geboten.



Operation 12.05.2006

Die OP verfiel komplikationslos. Morgens operiert, Abends bereits hatte ich kein Knacken und Knirschen mehr in der Schulter. Der Nagel hatte beide Fragmente inkl. einer Absplitterung wieder miteinander verbunden und auch optisch die natürliche Verlaufsform des S-Beins wiederhergestellt. Bereits Sonntags wurde ich entlassen. Kontrolltermin war post-OP +3 Wochen angesetzt. Als Verhaltensregel wurde mir lediglich Bewegungsverbot über 90° sowie körperliche Belastung. Eine Krankschreibung erfolgte nicht, dies lag jedoch daran, dass ich diese nicht gefordert hatte und zudem die organisatorischen Abläufe in der Klinik durch den Streik enorm beeinträchtigt waren. Leider erfolgte daher auch kein Hinweis oder gar Einführung zur Krankengymnastik.




Folgewochen

Während der kommenden zwei Wochen heilte der Bruch langsam. Ich hatte aber dennoch tägliche meist starke Schmerzen im Narbenbereich und aufgrund der Anbohrung, für die Einfädelung des Nagels am Anfang des S-Beins (unter dem Hals), als auch im Bruchbereich. Zudem konnte ich meine Schulter und Arm gar nicht bewegen, weil ich unerträgliche Schmerzen hatte. Selbst das Kopfdrehen und andere unwichtige und kleine Tätigkeiten konnte ich nicht ausführen. Der Schmerz war enorm hoch, die Muskeln versagten bei der kleinsten Belastung. Daher nahm ich die ersten drei Wochen fast permanent eine Schonhaltung ein.


Auch nach ca. 10 Tagen nach der OP, bei der Wundkontrolle durch den Hausarzt wurde mir nicht zu Krankengymnastik geraten. Auf mein Nachfrage erwiderte der Hausarzt, wofür ich denn das überhaupt brauchen würde? Es sei doch nur das S-Bein, da bräuchte man doch keine Krankengymnastik. Aufgrund der Erfahrungsberichte anderer Leidensgenossen bestand ich dennoch darauf und er stellte mir den entsprechenden Schein aus.

Bezüglich der Narbenbildung und Wundverheilung gab es keinerlei Probleme. Ich habe zwei Narben davongetragen, eine im Eintrittsbereich des Nagels in den Knochen (unter dem Hals) und eine weitere im Bruchbereich. Diese ist nicht immer notwendig. Sie ist nur unvermeidlich, wenn der Operateur die einzelnen Fragmente nicht mit dem Nagel direkt einfädeln kann (z.B. aufgrund des Winkels oder der Position).


Bei der Kontrolle in der 3. Woche im Uniklinikum Köln wurde alles für o.k. befunden. Der Nagel war nicht, was durchaus passieren kann, gewandert. Die Fixierung der Schlüsselbein- fragmente war bis dato erfolgreich. Die fortan bestehenden Schmerzen im Schultergelenk wurde darauf zurückgeführt, dass das Gelenk aufgrund der fehlenden Mobilisation (3 Wochen Schonhaltung) verklebt sei. Das Blut und Gewebereste sich dort abgelagert hätten. Hier wurde mir dann aktiv erstmalig zur Krankengymnastik geraten. Andernfalls könnte es zu bleibenden Versteifungen im Gelenk und u.U. der gesamten Schulter kommen.




Krankengymnastik ab 3. Woche post OP

Die Krankengymnastik war sehr hilfreich. Die Schulter wurde während der ersten vier Wochen nach dem Unfall so gut wie gar nicht bewegt.

Während der ersten Sitzungen wurde die Mobilisation der gesamten Schulter unter teils großen Schmerzen durch den Physiotherapeuten in Form von „Massagen“ und passiven Bewegungen herbeigeführt. Fortschritte waren langsam aber deutlich ersichtlich.

Es dauerte etwa weitere 3 Wochen und 6 Sitzungen und zahlreichen eigenen Trainingseinheiten, bis die Schmerzen und Bewegungen sich normalisierten.


Zudem konnte mir der Physiotherapeuten mit recht hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass es sich nicht lediglich um einen Bruch des S-Beins gehandelt haben müsse, sondern es zu vermuten wäre, dass auch die in diesem Bericht Eingangs erwähnten Schulterbänder (Tossi I, II, III) an- bzw. abgerissen sein müssten. Daher rührten auch die starken, langanhaltenden Schmerzen und die absolute Bewegungsunfähigkeit des betreffenden Arms.


Leider wurde mir diese Diagnose von keinem der insgesamt 6 involvierten Ärzte gestellt, schlimmer, es wurde nicht einmal dahingehend untersucht !!!

8. Woche post OP

Ein weiterer 6-Sitzungs-Block Krankengymnastik wurde von mir in Anspruch genommen. Der Muskelapparat war sehr geschwächt, ich habe bis ca. 10 Wochen nach der OP keine einzige Liegestütz geschafft. Bei der Krankengymnastik wurden anstelle von „Massagen“ und passiver Mobilisation vermehrt mit Geräten und Gymnastikübungen gearbeitet. Diese wurden von mir auch zu Hause in Eigenregie gemacht, da nur so, also durch viel Training, der Altzustand erreicht werden kann.

Zudem bin ich viel schwimmen gegangen. Anfangs zwar sehr ungewohnt, gerade beim Kraulen, aber absolut zu empfehlen. Es wurde mit jeder geschwommenen Bahn besser !




Juli bis Dezember 2006

Die Bewegungsfreiheit des Arms ist zu etwa 90% wiederhergestellt. Dennoch bleiben trotz vielem Training in den Grenzbereichen (z.B. Polizeigriff) Einschränkungen. Die Bewegungsfreiheit hat leider einige Grad eingebüßt. Es ist damit zu rechnen, dass dieser Zustand dauerhaft bleiben wird.

Zum Zeitpunkt 6 Monate post OP knackt und knirscht die Schulter auch noch bei Bewegungen über den 90°-Bereich. Dies ist vor allem akustisch sehr unangenehm, zudem wird man trotz Schmerzfreiheit doch immer wieder etwas verunsichert.

Durch den kontrollierenden Arzt der Uni-Klinik Köln wurde dieses Knacken etc. jedoch als Blut- und Gewebereste im Gelenkbereich, die sich langsam abreiben diagnostiziert.

Dieser Meinung kann ich mich jedoch leider nicht anschließen. Da mein Schulterdach etwas hoch steht (da: siehe Gelenksprengung, AC wächst zwischen Schulterdach und S-Bein mit Hochstand zusammen) habe ich die Befürchtung, dass sich das Gelenk nicht „sauber“ regeneriert hat und es u.U. zu Abreibungen im Knochen-/Gelenkbereich kommt. Dies hätte langfristig ein Artrose zur Folge.


Der nächste Kontrolltermin ist im Dezember 2006. Sollte der Knochen stabil sein und keine Komplikationen vorliegen, erfolgt die Vereinbarung des Termins für die Entfernung des Nagels.

Generell kann man sich vor der OP auch für den Verbleib des Nagels entscheiden. Dies ist durchaus möglich. Jedoch ist dann eine nachträgliche Entfernung nicht mehr möglich, da kein überstehendes Nagelende bei der OP belassen wird, an dem der Operateur den Nagel später wieder zum Ziehen greifen kann.


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Stand: 28.09.2006

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