Schluesselbeinbruch (Claviculafraktur) - Tipps und Links

Bericht Klaus (in Italien lebend)


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Schlüsselbeinbrüche

Schlüsselbeinbrüche


05.08.06 Motorradunfall in Rumänien, noch vor Ort geröntgt, dabei tritt ein stark verschobener Bruch zu Tage.

Am nächsten Morgen per Flieger nach Mailand, von dort Mitfahrgelegenheit nach Hause in der Nähe von Venedig. Die Schmerzen halten sich einigermassen in Grenzen, viel schlimmer sind die Beschwerden in der Rippengegend-da werden wohl einige gebrochen sein.

Montagmorgen per Taxi ins Kreiskrankenhaus nach Castelfranco Veneto wo man mich unfreundlich begrüsst, eine der Ärztinnen fragt mich doch tatsächlich, wieso ich zu ihnen gekommen bin…Na ja, es ist Urlaubszeit….

Röntgen ohne Streckverband, Begutachtung des Artztes, Röntgen mit Streckverband (unter grossen Schmerzen), die Bruchenden stehen ca 2 cm auseinander, sieht gar nicht gut aus.

Der Arzt meint, so etwas müsse nicht operiert werden, Streckverband und dann 40 Tage in Ruhe liegend ausschwitzen.

Mir ist zum Heulen: meine Freundin wohnt in Spanien, Eltern und Familie 1000 km entfernt in Deutschland und in Italien sind sämtliche Freunde im Sommerurlaub. Noch nie habe ich mich so alleine gefühlt. Inzwischen ist das Standardmenü auf vorgeschnittene Pizza beschränkt, ich brauche meinen ganzen Mut, um in die horizontale Liegestellung im Bett zu gelangen und ca 5 Minuten, um mich jedes Mal wieder aufzurichten. Die Nacht wird zur Qual.

Dienstagmorgen Telefonauskunft eines Freundes über „Schulterspezialisten“, Dienstagnachmittag Besuch dieses Arztes der mich schliesslich ans städtische Krankenhaus nach Brescia überweist, wo sein Kollege noch zwei Tage operiert, bevor er in Urlaub geht.

Zwischenzeitlich Treffen mit Freund, der sich 1 Jahr zuvor auch bei einem Motorradunfall ebenfalls das Schlüsselbein gebrochen hat. Ähnliche Situation wie bei mir, er hat sich nicht operieren lassen und 30 Tage im Bett gelegen und rät mir dringend von einer Operation ab: Infektionsrisiko, erhöhte Verletzungsgefahr mit Titanplatte usw….

Ich habe keine Zeit (der Job ruft) und keine Lust auf einen Monat Bettruhe (will meinen Sommerurlaub noch geniessen) und entschliesse mich zur Operation.

Ein Fehler, wie sich 8 Monate später herausstellen sollte…..

Mittwoch per Zug und Taxi nach Brescia, Untersuchung und Vorbereitung für OP.

Donnerstagmorgen OP (Titanplatte mit 7 Schrauben) wache am Nachmittag aus der Narkose auf und bin noch ziemlich high, starke Schmerzen in der Schulter, bekomme nachts noch mal einen „Hammer“ zum Schlafen.

Freitag so la la, Schmerzen in der Schulter, Freitagnacht unruhig, Samstagmittag kann ich das Krankenhaus verlassen.

Lasse mich von Freunden zum gemeinsamen Abendessen breitschlagen, nach einer halben Stunde bringen sie mich ins Bett, bin fix und fertig, Schüttelfrost und bohrende Schmerzen in der Schultergegend.

Sonntag Bettruhe, Montag Flug nach D wo ich mich 1 Woche bei meinen Eltern erhole.

Die Schmerzen in der Schulter sind nach wie vor stark, muss morgens und abends Aulin einnehmen, der Arm ist in einer Schlinge ruhiggestellt.

10 Tage nach OP bekomme ich die Fäden gezogen, ich lege die Schlinge schon mal zum Duschen ab und fahre schliesslich 15 Tage nach OP selber mit dem Auto zur Krankengymnastik.

Wir fangen mit leichten Entspannungsübungen für die Schulter- und Nackenmuskulatur an (sehr schmerzhaft und verspannt), die Platte fühlt sich an wie ein riesiger Nagel durchs Fleisch, das Schultergelenk kommt langsam wieder zu seiner Mobilität zurück, ca 20 Tage nach der OP fühle ich mich wieder „autonom“, 30 Tage nach OP fange ich wieder an, zu arbeiten.

Ca 2 Monate nach OP Nachuntersuchung mit Röntgen, man sagt mir, der Bruch wäre gut verheilt und ich könnte wieder den (Motorrad-) Sport aufnehmen.

Die erste Geländeausfahrt fühlt sich extrem unsicher an, ich habe Angst, auf die linke Seite zu fallen und stöchere etwas lustlos im Gelände herum. Nach 5 Stunden werde ich langsam warm, das Schlüsselbein tut jedoch ziemlich weh, die Sache macht (noch) keinen Spass.

Ca 9 Wochen nach der OP falle ich bei etwas riskanter Gartenarbeit von einer rund 3 m hohen Leiter und lande auf allen vier Gliedmassen wie eine Katze, der Schock ist gross, passiert ist aber nichts.

4 Monate nach OP wieder Geländeausfahrt ohne grosse Lust und mit ziemlicher Unsicherheit. Zwischenzeitlich sind die Schmerzen fast gänzlich verschwunden, ich kann jedoch immer noch nicht auf der (betroffenen) linken Seite schlafen, nur Rückenlage oder rechte Seitenlage-das nervt….

Die nächsten 4 Monate sind von extremer Arbeitsbelastung geprägt, deshalb kaum Sport und kein Motorrad, ab Anfang April wieder Fitnesstraining und sportliche Ambitionen, 8 Monate nach OP habe ich wieder richtig Lust auf Geländebolzerei, fühle mich gut und in Form, keine Schmerzen mehr im Schulterbereich und inzwischen kann ich fast wieder auf der Seite schlafen.

2 volle, harte Endurotage in Italien und schon schmiede ich wieder Pläne für die Rennsaison.

Samstag, 5. Mai, exakt 8 Monate nach dem ersten Bruch falle ich bei niedriger Geschwindigkeit vom Motorrad, knalle auf die linke Schulter und….spüre sofort, dass das gleiche Schlüsselbein wieder gebrochen ist!!!!!!

Krankenwagen, 3 Krankenhäuser in der Gegend um Barcellona, schliesslich ist man bereit, mich im Kreiskrankenhaus von Badalona zu operieren: das Schlüsselbein ist direkt an der Kante der Platte gebrochen, die alte Bruchstelle hat gehalten…

Montagabend 2-stündige Operation:Enfernug der italienischen Platte und Einbringung einer sehr langen, spanischen Platte, die praktisch vom Hals bis zum Schultergelenk reicht.

Ich wache Montagnacht auf und spüre meinen linken Arm nicht mehr-Panik!

Haben die einige Nerven durchtrennt? Später lehrt mich der Arzt auf, dass sie meine Schulter mit Anästesie vollgepumpt haben, um die Schmerzen zu lindern.

Nach 24 Stunden spüre ich meine Hand wieder und kann sie bewegen, seitdem habe ich nie Schmerzen im operierten Bereich gespürt.

40 Stunden nach OP werde ich entlassen, den Arm in einer Schlinge, die Schmerzmittel nehme ich eher wegen der gebrochenen Rippe und den Verspannungsschmerzen im Rücken, eine Woche später beginne ich wieder mit der Arbeit im Büro.

10 tage nach OP bin ich guter Dinge auf dem Weg zum Fädenziehen, doch der Arzt bringt mich rasch auf den Boden der Realität und verbietet mir für 2 Jahre das Motorradfahren! Er sagt, dass er das Schlüsselbein unter grossen Anstrengungen wieder zusammengeflickt hat, dass die erste Fraktur noch nicht richtig ausgeheilt war und dass ein weiterer Bruch mit der Platte mein Leben gefährden könnte, weil die Platte sehr nahe an der Halsschlagader und an der Lunge liegt und ausserdem könnte sie bei weiteren Stürzen die Adern und Nerven, die direkt unter dem Schlüsselbein zur Schulter verlaufen nachhaltig verletzen.

Das tut weh!!!!

Heute sind wir 5 Wochen nach OP, war noch mal zur Nachuntersuchung, man sieht auf dem Röntgenbild schon Kallusbildung, habe nach wie vor keine Schmerzen, kann mich gelegentlich schon auf die linke Seite legen, Beweglichkeit in der Schulter wieder 100 % (habe die Schlinge 2 Wochen nach OP getragen).

Heilungsprognose: nach 1,5 Jahren Platte raus, danach braucht der Knochen nochmal ein gutes Jahr, um sich ganz wieder zu erholen.

FAZIT:

In meinem Fall war die erste Operation ein Fehler. Panik wg Alleinsein und Unabhängigkeit verbunden mit dem Gefühl, an der Arbeit unabkömmlich zu sein haben mich dazu veranlasst, ich dachte, dass ist mal eben wie einen Kolben beim Motorrad zu wechseln…

Vermutlich habe ich mir beim Sturz von der Leiter 8 Wochen nach der 1. OP wieder die Bruchstelle angeknackst, deshalb wohl auch die sehr lange andauernden Schmerzen bis ca 5-6 Monat nach OP (im Vergleich zur jetzigen Situation). Die Tatsache, dass bei der OP hier in Barcelona ein unvollständig verheilter Bruch zu Tage kam bestätigt die Annahme.

Mein Rat an Alle: reisst Euch zusammen und versucht, ohne OP über die Runden zu kommen falls es eine Möglichkeit gibt. Natürlich muss man ohne OP immer auch die Assymetrie in Betracht ziehen, die rund 20% der Schulterkraft kosten kann (wg verkürztem Hebelarm).

Meine Eile wegen 5 lausigen Wochen hat mich am Ende 3 Jahre meines Lebens gekostet, in denen ich auf die Ausübung meines Lieblingssports verzichten muss.

Nochwas, falls es jemanden interessiert: ich bin jetzt 40 und habe links einen ca 20 cm-Schnitt wg dem Schlüsselbein und recht das gleiche wg. Schulterluxation und Oberarmbruch vor 20 Jahren.

Wenn ich abends hier bei Barcelona joggen gehe graust es die Leute immer, so Frankensteinmässig meine ich.

UPDATE AM 10.02.08: MORGEN WIRD DIE TITANPLATTE ENTFERNT, AB MAI KANN ICH WIEDER RENNEN FAHREN….WOUW!!!

Ciao an alle, Klaus


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Stand: 30.07.2005

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